Bauklimatische Bedingungen an der Baustelle für den Estrich
Entsprechende bauklimatische Bedingungen an der Baustelle sind sowohl für den Einbau als auch für die Trocknung des Estrichs ein wichtiger Faktor. Die Praxis zeigt jedoch, dass in vielen Fällen diese notwendigen Rahmenbedingungen nicht vorhanden sind, was wiederum zu Problemen bei der Qualität und der Trocknung des Estrichs führen kann. Die nachfolgenden Erläuterungen sollen diese Thematik näher beleuchten und erörtern.Im Zuge der Estrichherstellung
Die Bedingungen an der Baustelle sind in der Regel für den Einbau des Estrichs, nimmt man die heißen Sommermonate und den kalten Winter (den es in den letzten Jahren nicht mehr wirklich gibt) aus, meist im natürlich vorgegebenen Rahmen. Bei den zuvor genannten Ausnahmen wirken sich die die jahreszeitlich vorhandenen klimatischen Bedingungen meist negativ auf die Estrichherstellung und Trocknung aus. Aber wer bestimmt eigentlich die Grenzen für Temperatur und andere ausschlaggebende Parameter an der Baustelle, die den Estricheinbau beeinflussen?
In der ÖNORM B 3732 Planung, Ausführung, Produkte und deren Anforderungen sind zum Thema klimatische Voraussetzungen für den Estricheinbau folgende Anmerkungen zu finden:
Bei der Herstellung von Estrichen dürfen die Raumluft- und Bauteiltemperatur 5 °C nicht unterschreiten, in beheizten Räumen 20 °C nicht überschreiten und während der Schutzzeit nicht rasch erhöht oder gesenkt werden. Es ist darauf zu achten, dass der Unterschied zwischen der Estrichtemperatur und der Umgebungstemperatur oder der Temperatur von in unmittelbarer Nähe des Estrichs vorhandenen Einbauten (oder Räumen) 20 K nicht überschreitet. Ungünstige, jedoch nicht ungewöhnliche Bedingungen auf der Baustelle (z.B. niedrige Temperatur, hohe Luftfeuchtigkeit), können zu einem langsameren Austrocknungsverlauf führen.
Die Herstellerangaben lehnen sich im Großen und Ganzen an die Hinweise in der zuvor angeführten Norm an. Es werden zusätzliche Angaben gemacht wie zum Beispiel
- Vor Beginn der Estricharbeiten müssen Fenster, Türen und sonstige Öffnungen bauprovisorisch geschlossen und dicht gegen Zugluft sein.
- Die Luft-, Material- und Untergrundtemperatur muss während der Verarbeitung und des Abbindevorganges über + 5 °C liegen.
- Während der Estrichherstellung und innerhalb der Schutzzeit muss der Estrich vor vorzeitigem Austrocknen geschützt werden. Zugluft und direkte Sonneneinstrahlung sind zu vermeiden.
Oberflächentemperaturen von 30 Grad und mehr sowie Raumtemperaturen in beinahe gleicher Höhe, sind in den Sommermonaten keine Seltenheit auf den Estrichbaustellen. Die anschließend stattfindende Evaporation wird entsprechend beschleunigt und die Trocknung durch Diffusion ebenfalls. Verformungen und geringe Oberflächenfestigkeiten sind nur zwei von mehreren Einflüssen auf die Estrichqualität, für die zu guter Letzt der Hersteller die Verantwortung trägt.
Im Hinblick auf diese Verantwortung sollte der Verleger die erforderlichen Baustellenbedingungen nicht auf die leichte Schulter nehmen und seinen Auftraggeber auf wichtige bauphysikalische Parameter im Zuge der Estrichherstellung aufmerksam und verantwortlich machen. Ebenso wäre eine genauere Definition der Rahmbedingungen wünschenswert.
Im Zuge der Estrichtrocknung
Nach der Estrichherstellung ist der Beginn der Estrichtrocknung. Hier sind die Herstellerangaben von der Industrie präziser als jene beim Estricheinbau. Zum Beispiel wird angeführt, dass optimale Trocknungsbedingungen vorliegen, wenn die Oberflächentemperatur mindestens 5 °C über der Taupunkttemperatur liegt und die Luftfeuchtigkeit unter 65 % liegt. Die Dauer ist ebenfalls von den klimatischen Bedingungen an der Baustelle abhängig. Diese sind vor allem in den Übergangszeiten, mit hoher Luftfeuchtigkeit und geringer Temperatur, im Hinblick auf diese Parameter im Gebäudeinneren außerhalb des günstigen Bereichs. Nicht selten wird die Verantwortung der Estrichtrocknung an den Estrichhersteller übertragen oder besser gesagt, versucht ihm zu übertragen.
Bedingungen, die knapp am Taupunkt liegen, machen eine Estrichtrocknung beinahe unmöglich, oder schwenken bei Temperaturabfall in den Nachtstunden, und dadurch ein Erreichen dieses Taupunkts, ins Gegenteil über. Der Estrich nimmt an Feuchtigkeit zu.
Das ordnungsgemäße Belüften der Räume nach der Estrichherstellung ist ebenso für eine im zeitlichen Rahmen stattfindende Estrichtrocknung ausschlaggebend wie die klimatischen Bedingungen. Ohne Abtransport der aus dem Estrich diffundierenden Feuchtigkeit ist eine entsprechende Trocknung ebenfalls nicht möglich.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Wichtigkeit und Regelung von bauklimatischen Bedingungen an der Baustelle einen anderen Stellenwert erlangen muss. Abgesehen von den Auswirkungen auf Estrichqualität und Trocknungszeit, sind auch andere feuchtigkeitsempfindliche Bauteile von dieser Thematik betroffen. Folgeschäden wie Schimmelbildung und Co. werden durch fehlende Beachtung von geeigneten Bedingungen Tür und Tor geöffnet.