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Fliesenverlegung auf dem Zementestrich

Der Zementestrich. Ein Bauteil der nach seiner Verlegung noch lange Zeit „am Leben“ ist. Der Zementestrich weist bei üblicher Baustellenmischung je nach Alter, Estrichart und Dicke mehr oder weniger hohe Schwindspannungen auf und trocknet im Querschnitt unterschiedlich. Die dadurch entstehenden sogenannten zeit- und lastabhängigen Verformungen wirken sich auch auf den Oberbelag aus. Im Besonderen, wenn dieser zu früh verlegt wird.

Bei starren Oberbelägen wie z.B. dem Fliesenbelag sind diese Auswirkungen entsprechend groß. Die Estrichplatte trocknet durch den noch zu hohen Feuchtigkeitsgehalt an der Unterseite rascher als an der Oberseite, wo die Trocknung durch den Fliesenbelag gehemmt wird. Es entstehen dadurch höhere Schwindspannungen an der Plattenunterseite. Die Folgen sind konvexe Verformungen. Die Entstehung dieser Verformungen nehmen einen längeren Zeitraum in Anspruch. Nicht zuletzt dadurch, weil der starre Fliesenbelag wie eine Art Gegenzug wirkt, und dadurch den Verformungsvorgang verzögert.

Abb. C 7.28: "Bimetalleffekt" einseitig verformungsbehinderter Fußbodenkonstruktionen

Abb. C 7.28: "Bimetalleffekt" einseitig verformungsbehinderter Fußbodenkonstruktionen
(Quelle:
Toleranzen im Hochbau - Kommentar zur DIN 18202 – Ralf Ertl 3. Auflage)




Abb. C 7.29: Beispiel für den Abriss der Estrichrandfuge im Eckbereich nach einer Verformung des Estrichs (Quelle: Toleranzen im Hochbau - Kommentar zur DIN 18202 – Ralf Ertl 3. Auflage)


Die entstehenden konvexen Verformungen rufen Randabsenkungen hervor, die als erste Anzeichen für stattfindende Verformungen wahrgenommen werden. Ebenso entstehen häufig Risse in den Fugenbereichen des Fliesenbelags. Die notwendigen Sanierungen sind meist sehr umfangreich. Entfernen und Neuverlegung von zahlreichen Fliesen im Rand und Fugenbereich, Neuverfugung der elastischen Randfuge, teilweises Erneuern der starren Verfugung, usw.

Die ÖNORM B2207 „Fliesen-, Platten- und Mosaiklegearbeiten“ - Werkvertragsnorm verlangt zwar vom Auftraggeber einen verlegereifen Untergrund. Das bedeutet auch, dass eigentlich die Prüfung der zulässigen Restfeuchtigkeit des Untergrundes (Estrich) durch den Auftraggeber zu erfolgen hat. Dies ist in der Praxis allerdings meist als problematisch anzusehen. Nicht selten erfolgt eine Verlegung der Fliesen ohne eine Übergabe des „verlegereifen Untergrundes“ und auch ohne Prüfung der zulässigen Restfeuchtigkeit. Vor allem der private Auftraggeber ist meist nicht in der Lage dies zu bewerkstelligen.

Je nach Ausgleichsfeuchtigkeit des Estrichs kann bei Überschreitung der zulässigen Restfeuchtigkeitswerte zum Zeitpunkt der Fliesenverlegung ein hohes Restschwinden nach Verlegung auftreten.

Dieses Restschwinden ist auch bei Erreichen des zulässigen Restfeuchtewerts zum Zeitpunkt der Fliesenverlegung nicht zu unterschätzen.

Beispiel Restschwindmaße Zementestrich (Quelle: Andreas Seifert/Knauf)

Beispiel Restschwindmaße Zementestrich (Quelle: Andreas Seifert/Knauf)


Entbindet die Übergabe eines verlegereifen Untergrundes den Fliesenleger von weiteren Prüfpflichten?

Gemäß ÖNORM B2110 hat der Auftragnehmer folgende Prüf- und Warnpflichten:

Der Auftragnehmer hat sich vor Leistungserbringung vom ordnungsgemäßen Zustand etwa bereits fertiggestellter Leistungen unter Anwendung pflichtgemäßer Sorgfalt zu überzeugen.
Der Auftragnehmer hat weiters die Pflicht, die ihm vom AG beigestellten Vorleistungen so bald wie möglich zu prüfen und die auf Grund der ihm zumutbaren Fachkenntnis bei Anwendung pflichtgemäßer Sorgfalt erkennbaren Mängel und begründeten Bedenken gegen die vorgesehene Art der Ausführung dem AG unverzüglich mitzuteilen.


Ob auch die Prüfung der Restfeuchtigkeit der Vorleistung Estrich trotz möglicher Freigabe eines verlegereifen Untergrundes darunterfällt, ist eine interessante Rechtsfrage.

Die auftretenden Schäden bei Fliesenbelägen durch fehlende Untergrundprüfungen, insbesondere jener der zulässigen Restfeuchtigkeit, treten häufig auf. Es stellt sich die Frage, ob eine Freigabe eines verlegreifen Untergrundes durch den Auftraggeber die Lösung dieser Probleme darstellt. Vor allem im Hinblick, dass diese Freigabe allzu oft nicht, oder rechtlich schwammig erfolgt.

Den Letzten beißen bekanntlich die Hunde. Dieser ist sehr oft, aufgrund fehlender Untergrundprüfungen und den rechtlichen Konsequenzen, der Fliesenleger.

Erhebliche Absenkungen des Randbereichs zur SockelflieseErhebliche Absenkungen des Randbereichs zur Sockelfliese


Erhebliche Absenkungen des Randbereichs zur SockelflieseErhebliche Absenkungen des Randbereichs zur Sockelfliese


Stufe zur benachbarten Fliese mit FugenausbruchStufe zur benachbarten Fliese mit Fugenausbruch


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